„Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann die Abwicklung begann – wann die Bürger Amerikas zum ersten Mal spürten, dass die Bande sich lösten, die sie sicher, manchmal erdrückend fest wie eine eng gewickelte Spule, zusammengehalten hatten.“ Wie sich der Niedergang eines Landes anfühlt, erzählt exzellent der Schriftsteller George Packer. Indem er die Biografien einer Industriearbeiterin, eines Biodieselunternehmers und eines Lobbyisten ausrollt, spürt er Brüchen in der jüngeren politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Geschichte der USA nach. Für alle relevanten Ereignisse wie Internethype, Immobilienblase und Finanzkrise bietet er weitere Protagonisten auf. Packer behält dabei vor allem die Chancen des Neuanfangs im Blick. Doch er beschreibt präzise, wie eine ganze Gesellschaft ins Rutschen gerät und die Schwächsten ins Nichts fallen. Gerade sie hätten die sicheren Bande weiterhin gebraucht.
George Packer: Die Abwicklung – Eine innere Geschichte des neuen Amerika. Übersetzt von Gregor Hens; S. Fischer 2014, 512 Seiten
Was genau fängt Angela Merkel mit der Macht an? Weshalb nennt sie ihre Vorschläge oft „alternativlos“? Der Journalist Dirk Kurbjuweit hat in den vergangenen Jahren beobachtet, wie sie Politik gestaltet: „Als Angela Merkel übernahm, waren die großen Konflikte der Bundesrepublik beendet. Das Thema Atomkraft machte sie dummerweise noch einmal auf, bevor sie es dann endgültig beendete.“ Vor allem kritisiert er, dass sie nur Lösungen präsentiert. Denn, so Kurbjuweit, „in einer Demokratie geht es nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um Prozesse der Politik.“ Doch wenn über Alternativen nicht ernsthaft diskutiert wird, weil sie von vornherein verworfen werden, stehen auch die Resultate als die einzig erreichbaren da. Seine treffende Analyse erklärt, weshalb das Interesse an Politik drastisch nachlässt: Wenn alles schon klar ist, worüber soll dann noch abgestimmt werden?
Dirk Kurbjuweit: Alternativlos – Merkel, die Deutschen und das Ende der Politik. Carl Hanser 2014, 288 Seiten