Der Journalist und Regierungsberater Misha Glenny zählt das organisierte Verbrechen zu den Gewinnern der Globalisierung. Inzwischen stammen etwa 20 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts aus der Schattenwirtschaft, rechnet er in seinem Report „McMafia“ vor. Er sieht darin auch einen der Gründe für die Finanzkrise.

Sie argumentieren, die Weltwirtschaft würde auch vom organisierten Verbrechen und von Terroristen bedroht. Wie konnte es soweit kommen?

Die Akteure der Schattenwirtschaft greifen nach dem Geld der westlichen Zivilisation, sie brauchen eine funktionierende Wirtschaft. Terroristen wollen den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation. Ihre Methoden sind gleich, doch das Geld für Al-Quaida fließt aus den gleichen Quellen wie das Geld für das organisierte Verbrechen. Als Bin Laden Unterstützung brauchte, erhielt er sie von überall her. Auch wenn sich also ihre langfristigen Ziele widersprechen, wenn es um Geld geht, passen beide Organisationen sehr wohl zusammen.

Weshalb haben insbesondere die USA in der Finanzkrise nicht früher gehandelt?

Ralph Glenny

Die Profite aus den kriminellen Märkten flossen zusammen mit Erträgen aus Steuerhinterziehung und hochriskanten Spekulationen. Um die Geldwäsche einzudämmen, hatte Bill Clinton mit der Regulierung des internationalen Finanzwesens begonnen, doch George W. Bush nahm alles wieder zurück, weil er eine europäische Verschwörung vermutetet. Nach dem 11. September 2001 wollte er die Finanzströme der Terroristen aufdecken, doch seine Berater mussten ihm sagen, dass ihnen genau diese Informationen fehlten. Seine Form der Regulierung wurde und wird unterlaufen.

Können die Banken diese Probleme lösen?

Nein, denn sie wissen ja selbst nicht, woher das Geld kommt, sie haben keine Kontrolle über ihre eigenen Ressourcen. Jetzt muss die Politik Regeln aufstellen, damit nicht die Steuerzahler die Verluste der Finanzbranche übernehmen müssen. Zugleich kann der Geldwäsche ein Riegel vorgeschoben werden. Jetzt ist der Moment, in dem wir eine Regulierung verlangen können.

Misha Glenny: McMafia – Die grenzenlose Welt des organisierten Verbrechens. Übersetzt von Sebastian Vogel; Deutsche Verlagsanstalt 2008, 528 Seiten