Im ersten Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump reiste der Washingtoner ARD-Korrespondent Jan Philipp Burgard kreuz und quer durch ein Land voller Gegensätze mit vielen Gesichtern. Er begegnete in den USA Menschen, die sich von Trump ein besseres Leben versprechen, eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte und einen wirtschaftlichen Aufschwung. Er erlebte, wie sich Menschen um Sozialleistungen, ihre Krankenversicherung und ihre Heimat sorgen, weil Trump Programme kürzt und Verträge kündigt. Er sprach mit Menschen, die es kaum erwarten können, dass die Mauer an der Grenze nach Mexiko gebaut wird, damit Einwanderung und Drogenschmuggel gestoppt werden. Er beobachtete, wie drastisch sich das Verhältnis zwischen Weißem Haus und den Medien verändert. „Das Land ist politisch, wirtschaftlich und kulturell tief gespalten. Republikaner und Demokraten stehen sich so feindselig gegenüber wie nie zuvor. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer schneller und immer weiter auseinander. Küsten und Kernland, Stadt und Land wirken wie zwei komplett verschiedene Welten“, fasst Burgard zusammen. Wenn heute nur 13 Prozent der Bevölkerung in den USA glauben, dass ihre Kinder eine bessere Zukunft haben werden, sagt das viel über ihre Ängste aus. Der Strukturwandel in den vergangenen Jahren führte auch zu mehr Armut und Rassismus: „Trump ist nicht die Ursache für die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, er bringt sie nur brutal zum Ausdruck.“ Seine sehr lebendige, sehr persönliche Reportage illustriert viele Widersprüche in der Entwicklung des Landes der vergangenen Jahre. Sie ist der lesenswerte Versuch, die Zustimmung zu Trump und seine ebenso heftige Ablehnung zu erfassen und nachvollziehbar zu erzählen. Die Porträts und Geschichten in diesem Buch helfen, die Situation in den USA abseits der Politik-Schlagzeilen besser zu verstehen.
Jan Philipp Burgard: Ausgeträumt, Amerika? Unterwegs in einem gespaltenen Land. Rowohlt Taschenbuch 2018, 208 Seiten
Vielleicht gerade, weil er das Land so gut kennt, stellt sich Ingo Zamperoni viele Fragen, wenn er die jüngste Entwicklung in den Vereinigten Staaten erklären will. Er studierte in den USA, heiratete eine Amerikanerin und berichtete einige Jahre lang von dort für die ARD. Bereits in seinem ersten Buch „Fremdes Land Amerika“ beschäftigte er sich mit dem Verhältnis zu den USA. Den Faden nimmt er unter dem Eindruck des Wahlsiegs von Donald Trump wieder auf. Können wir den USA weiterhin vertrauen? Welche Veränderungen dort haben wir nicht bemerkt? Trump wurde Präsident – wie war das möglich? Für Ingo Zamperoni waren die USA „schon immer ein gigantisches soziales Experiment. Zwar ist mit diesem Präsidenten plötzlich eine Variable hinzugekommen, die den Ausgang des Experiments noch ungewisser macht, aber einflussreicher als er ist die Dynamik, die der rasant wachsende Anteil der Asien- und Lateinamerikastämmigen sowie anderer Nichtweißer an der Bevölkerung ausmacht. Das Land wird immer heterogener.“ Dieser Dynamik, ihren Auswirkungen auf Wirtschaft, Kultur, Medien und Alltag vor dem Hintergrund von Trumps Politik spürt er nach. Dazu reiste er an symbolträchtige Orte wie die Grenze zu Mexiko, um die Wirkung von Trumps Wahlkampfversprechen nachzuspüren. Er lässt zahlreiche Expertinnen und Experten zu Wort kommen, um Veränderungen in der amerikanischen Gesellschaft, jene zugleich wachsende Unterstützung und Ablehnung des Präsidenten plausibel darzustellen. „Trump ist nicht Amerika. Während er die Würde des Amtes ruiniert, amerikanische Werte und Tugenden zertrampelt und langjährige Verbündete verprellt, sind die Vereinigten Staaten weiterhin eine wehrhafte, lebendige und dynamische Demokratie“, schreibt er zum Schluss. Ingo Zamperoni analysiert den aktuellen Stand der Dinge und lenkt die Aufmerksamkeit in Sachen USA auf die spannenden Punkte.
Ingo Zamperoni: Anderland. Die USA unter Trump – ein Schadensbericht. Ullstein 2018, 208 Seiten