Wie „Rotes Grün“ der Gesellschaft mehr als nur ein fröhlich-frisches Aussehen verpasst, erklärt Hans Thie. Als Wirtschaftsreferent der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag weiß er: Wer Ökologie für alle will, muss die Wirtschaft grundlegend ändern.

Sie haben am „Plan B“, dem Projekt der Fraktion für einen sozial-ökologischen Umbau, mitgearbeitet. Ist er nicht mehr aktuell?

Plan B ist aktueller denn je, wie die Energiewende zeigt. Sie verliert an Rückhalt und Tempo, wenn die Kostenverteilung unsozial bleibt. Wer konsequente Ökologie fordert, muss die gesellschaftliche Ungleichheit attackieren. Das haben wir im Plan B durchbuchstabiert.

Welchen Prinzipien folgt eine ökologische Gesellschaft?

Kooperation, Gleichheit und Planung. Das ist das magische Dreieck, denke ich. Kooperation, weil sonst noch mehr Ressourcenkriege drohen. Gleichheit, weil es ein Verbrechen ist, dass Multimillionäre die Erde tausendmal mehr nutzen, als es ökologische Standards erlauben. Und Planung, weil wir langfristige Vorsorge brauchen, um die katastrophale Kurzsichtigkeit von Märkten und Börsen zu überwinden.

Ihrer Meinung nach wird die Wirtschaft sich selbst zerstören, wenn sie so weitermacht wie bisher. Was ist die Alternative?

Genau weiß das niemand. Aber viele Bausteine sind schon da, die ein neues Gebäude ergeben können: Tausende vorbildliche Projekte weltweit, das Verlangen nach direkter Demokratie und nach einer gerechten Wirtschaftsordnung, die wachsende Skepsis gegenüber idiotischem Konsum, massenhafte Rekommunalisierung elementarer Dienstleistungen, Information und Wissen als öffentliche und frei zugängliche Güter.

Sie sprechen von Sechs-Stunden-Tag, Bildung und Kultur für alle. Nur kühne Visionen?

Derzeit schuftet ein Teil der Gesellschaft bis zur Erschöpfung, den anderen trifft die Arbeitslosigkeit. Würden wir Arbeit gerecht verteilen, wären das angenehme 30 Stunden in der Woche. Da ist er also, der Sechs-Stunden-Tag. Bildung und Kultur für alle ist letzlich auch nur ein Verteilungsproblem. Hätte die Bevölkerung das Recht, nicht nur Parteien und Repräsentanten zu wählen, sondern auch die Grundstrukturen von Wirtschaft und Gesellschaft, dann wären solche Visionen längst Realität.

Hans Thie: Rotes Grün – Pioniere und Prinzipien einer ökologischen Gesellschaft. VSA 2013, 200 Seiten – freier Download bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung