Wäre Osama Bin Laden nicht der gefährlichste Terrorist der Welt, würde sich diese Saga wie eine arabische Version der Buddenbrooks lesen lassen. Doch so schwingt in dieser Geschichte von Aufstieg, Reichtum und Macht der Bin Ladens die Frage mit, warum die Familie vor Osamas immer engeren Beziehungen mit radikalen Islamiten die Augen verschloss. Nachdem er sich 1991 mit der Sippe überworfen hatte, entzog sie ihm spätestens 1994 die finanzielle Unterstützung, doch da hatte er längst al-Qaida gegründet. Der Journalist Steve Coll konzentriert sich nicht auf das schwarze Schaf des Clans, vielmehr stellt er das jeweilige Familienoberhaupt und dessen Geschäfte in den Mittelpunkt. Nebenbei zeichnet er auch ein schillerndes Sittengemälde der vergangenen einhundert Jahre Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten.
Steve Coll: Die Bin Ladens – Eine arabische Familie. Übersetzt von Werner Roller, Violeta Topalova, Stephanie Singh; Deutsche Verlags-Anstalt 2008, 736 Seiten
Ingo Schulze, Spezialist für DDR-Wenderomane, arbeitet die Fluchtbewegung im Sommer 1989 vielschichtig und lebendig auf. Der Schneider Adam wird von seiner Evelyn verlassen, als sie ihn im Adamskostüm mit einem Mannequin erwischt. Allerdings flüchtet sie nach Ungarn und damit nicht nur vor ihm, sondern auch gleich aus der DDR. Adam will Evelyn zurückholen und bleiben, denn ihm geht es gut. Evelyn will weg, denn sie will studieren. Das Pendeln der Protagonisten zwischen Hölle und Himmel, ihr Schwanken zwischen Verführung und Ernüchterung stellt der Autor in den Mittelpunkt. Interessant wird es vor allem dann, wenn Adam und Evelyn etwas Ungewohntes tun sollen: Entscheidungen treffen.
Ingo Schulze: Adam und Evelyn. Roman; Berlin Verlag 2008, 320 Seiten