„Nichts bedeutet irgendetwas. Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun“, behauptet forsch ein Siebtklässler. Seine Mitschüler wollen ihm prompt das Gegenteil beweisen und tragen das, was für sie wichtig ist, zu einem großen Berg zusammen. Doch bald kippt die Stimmung und das Experiment gerät außer Kontrolle. Wie gemein und grausam diese Suche verläuft, schildert die dänische Schriftstellerin Janne Teller aus dem Blickwinkel einer Schülerin. Dabei zeichnet sie das erschreckende Bild einer sinnentleerten Gesellschaft, die ihren Kindern Vorbilder und Ziele schuldig bleibt. Diese Parabel provoziert und lässt bis zum bitteren Ende nicht los.
Janne Teller: Nichts – Was im Leben wichtig ist. Übersetzt von Sigrid Engeler; Carl Hanser 2010, 144 Seiten
Was im Leben wichtig ist, beschäftigt auch die Erzählerin im neuen Roman von Christa Wolf. Anfang der 1990er Jahre reist sie für mehrere Monate nach Los Angeles, um die Geschichte einer Emigrantin zu recherchieren. Doch ihre eigene Vergangenheit holt sie ein, als ihre Stasi-Akte entdeckt wird. Fern der Heimat beginnt sie, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und ihren Lebensweg zu hinterfragen. Weshalb sie in der DDR blieb, welchen Sinn die Auseinandersetzungen mit der Partei hatten, wie realistisch die Vision vom sozialistischen deutschen Staat war. Immer wieder kehrt sie zur Kundgebung am 4. November 1998 auf dem Berliner Alexanderplatz zurück: „Es war das Unvorstellbare, das sich in Wirklichkeit verwandeln wollte. Und das, ihr ahnt es, nur eine historische Sekunde andauern sollte. Aber es hat es gegeben.“ Christa Wolf schrieb den wichtigsten Roman dieses Herbstes.
Christa Wolf: Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud. Suhrkamp 2010, 416 Seiten