Am 8. Juni 2017 sagte der Ex-FBI-Chef James Comey vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats über seine Begegnungen mit Präsident Trump aus. Knapp einen Monat zuvor hatte dieser ihn überraschend entlassen. Comey vermutete als Grund seine Weigerung, die Untersuchung von Verbindungen zwischen Trump, seinem Wahlkampfteam und Russland fallenzulassen. Der Präsident hatte ihn bei mehreren Telefongesprächen und Treffen im Weißen Haus mehr oder weniger deutlich darum gebeten. Da James Comey nach allen Kontakten mit dem Präsidenten, die er zunehmend als merkwürdig bis irritierend erlebte, Gedächtnisprotokolle schrieb, schildert er sie sehr präzise.

Trump feuerte oder verlor in den ersten Monaten seiner Amtszeit zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch niemand fühlte sich offenbar so ungerecht behandelt wie James Comey. Denn der Jurist hatte in seiner langen Karriere zahlreiche Bewährungsproben zu bestehen. So ermittelte er als Staatsanwalt in New York erfolgreich gegen die Mafia und widersetzte sich während des Irak-Kriegs als stellvertretender Justizminister den Wünschen des Weißen Hauses von George W. Bush, bestimmte Foltertechniken zu legalisieren.

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Als er im FBI 2015 gegen die damalige Außenministerin Hillary Clinton wegen der Nutzung eines privaten Servers für dienstliche Mails Ermittlungen aufnahm, geriet er in die Schlagzeilen. Und dass er im Sommer 2016 diese Untersuchung zunächst abschloss, sie in der heißen Wahlkampfphase aber wiederaufnahm, brachte ihm den Verdacht ein, die Wahl zu beeinflussen. „Ich hoffe, dass das  nicht passiert ist, aber wir werden es nie erfahren“, sagte James Comey im Juni 2018 bei einer Diskussion in Berlin.

Der Titel Größer als das Amt bezieht sich auf die Loyalität des FBI-Direktors. Trump wollte sie voll und ganz für sich; Comey schreibt, nichts und niemand stehe über dem amerikanischen Volk. Zugleich spannt er den Bogen seiner Arbeit in verschiedenen Positionen. James Comey schrieb ein bemerkenswertes und lehrreiches Buch über das konfliktgeladene Spannungsfeld von Politik und Recht. Die Russland-Ermittlungen spielten für seine Sicht auf Donald Trump kaum eine Rolle: „Der gegenwärtige Präsident ist ein Mann ohne Moral und agiert ohne jede Bindung an die Wahrheit und die Werte unserer Demokratie. Unter seiner Führung verkommt Politik zum reinen Geschäft, er ist egozentrisch und verlangt persönliche Ergebenheit.“

James Comey: Größer als das Amt. Auf der Suche nach der Wahrheit – Der Ex-FBI-Direktor klagt an. Übersetzt von Pieke Biermann, Elisabeth Liebl, Werner Schmitz, Karl Heinz Siber und Henriette Zeltner; Droemer 2018, 384 Seiten

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Seit der Entlassung von FBI-Chef James Comey untersucht ein Sonderermittler die Kontakte zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland. Auslöser der Affäre waren Dossiers des früheren britischen Geheimdienstagenten Christopher Steele. Der Guardian-Journalist Luke Harding lernte ihn und seine Erkenntnisse im Dezember 2016 kennen: „Steele hatte herausgefunden, dass Trump „mehrere einträgliche Immobilienentwicklungsdeals in Russland“ ausgeschlagen hatte, insbesondere in Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft, die im Sommer 2018 in Russland stattfinden wird. Aber er hatte bereitwillig nachrichtendienstliches Material aus dem Kreml akzeptiert, das ihm anscheinend über Personen in seinem engsten Beraterkreis zugespielt worden war.“ Steeles Rat an Harding: „Folge dem Geld.“ Was der Reporter für seinen brisanten, spannenden Politthriller Verrat recherchierte, offenbart Kontakte von Donald Trump, seiner Familie und Firmen mit russischen Geschäftsleuten und Politikern über 30 Jahre.

So liefen beispielsweise lange Verhandlungen über den Bau eines Trump Towers in Moskau. Der russischer Chemiefabrikant Dmitri Rybolowlew kaufte 2008 von Trump für 95 Millionen Dollar eine Villa an Floridas Küste und ließ sie später abreißen, ohne eine Tag darin verbracht zu haben. Trump realisierte bei diesem Deal fast 100 Prozent Gewinn. Rybolowlew verfügte über gute Kontakte in den Kreml und reiste während des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 mehrfach in die USA. Zufall? Mehrere hochrangige Mitarbeiter aus Trumps Wahlkampfteam pflegten enge Beziehungen zur russischen Regierung oder zu weiteren Oligarchen. Auch noch Zufall?

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Im Juni 2016 bot im New Yorker Trump Tower ein PR-Manager angeblich im Auftrag russischer Behörden dem Sohn von Trump belastendes Material über Hillary Clinton an. Am 1. Dezember 2016 traf sich Jared Kushner, der Schwiegersohn des gewählten Präsidenten, dort mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak und wollte einen Geheimkanal zwischen Trumps Übergangsteam und dem Kreml aufbauen, der an den US-Geheimdiensten vorbeilaufen sollte.

Luke Harding schreibt sich durch ein Netzwerk von geschäftlichen und politischen Verbindungen, hinterfragt die Unabhängigkeit des Präsidenten Trump. Schauplätze und Jahrzehnte wechseln rasant, am Ende fügt er das Puzzle zusammen. Ein Handlungsstrang reicht nach Deutschland: „Laut einer Analyse von Bloomberg schuldet Trump der Deutschen Bank zu dem Zeitpunkt, als er 45. Präsident der Vereinigten Staaten wird, rund 300 Millionen Dollar. Alle vier Kredite werden in den Jahren 2023 und 2024 fällig.“

Luke Harding: Verrat – Geheime Treffen, schmutziges Geld und wie Russland Trump ins Weiße Haus brauchte. Übersetzt von Stephan Gebauer und Thorsten Schmidt; Siedler 2017, 368 Seiten

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