„Hier sind die Waffen, die Erdoğan leugnet“ titelte die türkische Zeitung Cumhuriyet am 29. Mai 2015. Ein Video belegte Waffenlieferungen der damaligen Regierung an Extremisten in Syrien. Chefredakteur Can Dündar bewies Mut: „Es gab ein öffentliches Interesse an diesen Informationen. Dafür traten wir ein.“ Im November 2015 wurden Can Dündar und sein Kollege Erdem Gül wegen Spionage und Geheimnisverrats festgenommen, in der Untersuchungshaft schrieb Dündar sein Buch. Es ist die spannende und persönliche Momentaufnahme einer Türkei im Umbruch. Jene Verfassungsrichter, die beide aus der Untersuchungshaft freiließen, wurden nach dem Putsch suspendiert; ihr Ankläger wurde befördert. Nach seiner Verurteilung im Mai 2016 floh Can Dündar. Sein Appell: „Unterstützen Sie den Existenzkampf der demokratischen Kräfte in der Türkei!“

Can Dündar: Lebenslang für die Wahrheit – Aufzeichnungen aus dem Gefängnis. Übersetzt von Sabine Adatepe; Hoffmann und Campe 2016, 304 Seiten

Der Journalist Henning Sußebach und seine Familie wollten es ganz persönlich schaffen. Im Dezember 2015 holten sie Amir Baitar zu sich nach Hamburg, einen aus Syrien geflüchteten Studenten. Nun schildern Amir und Henning prägende Situationen des Alltags ihrer gemeinsamen Zeit, inzwischen fand Amir eine kleine Wohnung. Unterschiedliche Kulturen, Lebensweisen und Werte prallten nicht direkt aufeinander, doch große Fragezeichen im Raum forderten Antworten: Wie leben Atheisten und ein tiefgläubiger Muslim zusammen? Die Ereignisse in Köln fielen mitten in das Kennenlernen. Doch aus Ängsten und Missverständnissen wuchs unter einem Dach ein vertrautes Miteinander. So entstand ein Buch voller Lesevergnügen und Überraschungen, das mit vielen Urteilen aufräumt.

Amir Baitar, Henning Sußebach: Unter einem Dach – Ein Syrer und ein Deutscher erzählen. Rowohlt 2016, 192 Seiten