Was immer Reince Priebus als Stabschef des Weißen Hauses unternahm, um die Arbeit des Teams von Präsident Trump zu organisieren, am Ende scheiterte er. Als Parteichef der Republikaner hatte er Trump im Wahlkampf unterstützt und den finanziellen Kollaps der Kampagne verhindert. Nun musste er erleben, wie sich immer wieder Berater oder Familienmitglieder ohne sein Wissen mit Donald Trump im Oval Office trafen und ihm neue Ideen einflüsterten. Nach sieben Monaten im Amt trat Reince Priebus im Juli 2017 zurück und zog eine traurige Bilanz: „Inzwischen glaubte er, im West Wing von lauter hochkarätigen rücksichtslosen Machtmenschen umgeben gewesen zu sein, Menschen ohne jeden Anspruch, irgendwelche handfesten Ergebnisse zu produzieren – einen Plan, eine Rede, den Entwurf einer Strategie, ein Budget, einen Tages- oder Wochenplan. Vagabundierende Eindringlinge, ein desperater Trupp, der nichts als Chaos verursachte.“

Lisa Berg

Bob Woodward sprach für sein Trump-Traktat mit zahlreichen Insidern aus dem Weißen Haus, wertete Dokumente aus und fügte Details aus weiteren Enthüllungsgeschichten hinzu. Die Reporterlegende konzentrierte sich darauf, Ereignisse möglichst genau zu recherchieren, um sie dann aus Sicht der jeweils handelnden Personen zu rekonstruieren. So zeichnet er ein umfangreiches Panorama der Arbeit der Regierung von Donald Trump bis zum Frühjahr 2018. Als Leserinnen und Leser verfolgen wir Besprechungen im Weißen Haus und in der Air Force One. Wie ein roter Faden ziehen sich die Diskussionen über die Kündigung eines Handelsabkommens mit Südkorea durch das Buch. Donald Trump streitet mit Beratern, Ministern und Militärs immer wieder über die finanziellen Folgen von Verträgen, beklagt schlechte Deals und fühlt sich permanent von den Medien verfolgt: „Ein großer Teil von Trumps Innenleben wurde durch ein Gefühl des Gekränktseins bestimmt, ziemlich genau wie bei einem vierzehnjährigen Jungen, der das Gefühl hat, ohne Grund gehänselt zu werden. Mit dem Verstand eines Erwachsenen war ihm nicht beizukommen. Hier war Teenager-Logik gefragt.“

Benjamin Applebaum/The White House

Bob Woodward illustriert – ähnlich wie Michael Wolff in Feuer und Zorn – mit zahlreichen Anekdoten, wie chaotisch der Stab im Weißen Haus arbeitet. Schadensbegrenzung steht auf der Tagesordnung. Allerdings gräbt er tiefer und spürt heftigen Konflikten und Zerwürfnissen nach. So wollte Präsidententochter Ivanka, dass ihr Vater am Pariser Klimaabkommen festhält. Außerminister Rex Tillerson wies mehrfach darauf hin, dass der Iran nicht gegen das Atomabkommen verstoßen habe und Wirtschaftsberater Gary Cohn warnte regelmäßig vor Strafzöllen. Trump entschied immer anders, um Wahlversprechen zu halten und um andere Staaten auch wirtschaftlich unter Druck zu setzen. Furcht – Trump im Weißen Haus ist eine entlarvende Abrechnung mit dem amtierenden Präsidenten.

Bob Woodward: Furcht – Trump im Weißen Haus. Übersetzt von Sylvia Bieker, Pieke Biermann, Gisela Fichtl, Thomas Gunkel, Stephan Kleiner, Hainer Kober, Monika Köpfer, Elisabeth Liebl, Stefanie Römer, Karl Heinz Siber, Karsten Singelmann, Peter Torberg, Henriette Zeltner; Rowohlt 2018, 528 Seiten

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„Indem wir Trump für verrückt erklären, können wir vermeiden, uns dem Wahnsinn in unserer Gesellschaft zu stellen – wenn wir geistig gesund werden wollen, müssen wir zunächst uns selbst erkennen. Einfach ausgedrückt: Nicht Trump ist verrückt, sondern unsere Gesellschaft.“ Diese ernüchternde Diagnose stellt der renommierte Psychiater Allen Frances angesichts der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten. Für ihn ist Trump zwar ein Narzisst ersten Grades, doch deshalb muss dieser nicht psychisch krank sein: „Trump ist ein Mann, der andere in große Verzweiflung bringen kann, aber keinerlei Zeichen zeigt, selbst große Nöte zu empfinden.“  Der Psychiater misst Trump an seinen Handlungen. Wen berief er in sein Kabinett, welche Qualifikationen brachten diese Leute mit und was ist von ihnen zu erwarten? Er befürchtet enormen Schaden für künftige Generationen und die Umwelt, weil Trump beispielsweise den Rücktritt aus dem Pariser Klimaübereinkommen bekanntgab. Deshalb analysiert er „gesellschaftliche Wahnideen“, die Trump und seine Gefährten immer wieder herausposaunen.

Angelika Warmuth/dpa/picture alliance

Allen Frances unterzieht sie einem Realitätstest und argumentiert mit Fakten, wo Trump Fake verbreitet, liefert so viele Argumente für kommende Diskussionen. Anschließend hinterfragt er kritisch sich selbst, wenn es um die Verteidigung der Demokratie geht und meint, dass er selbst auch mehr hätte tun können. Er erinnert immer wieder an den „Narzissmus der kleinen Differenzen“ und meint damit „die Tendenz, dass bei denjenigen, die sich am nächsten stehen, die Kämpfe über die kleinsten Dinge am erbittertsten ausgefochten werden. Demokraten spalten, Republikaner wachsen zusammen.“

Damit es nicht so weitergeht, bietet er Tipps und Technik an, um Differenzen in der politischen Debatte produktiv aufzulösen. Allen Frances vollzieht nach, mit welchen Strategien es der Tea Party, der extremen Rechten, gelang, die öffentlichen Diskussion zu bestimmen und wie ihr nun begegnet werden kann. Jose Moreno/Unsplash Denn „Trump hätte nicht gewinnen können, wären seine Unterstützer nur Banker und Unternehmer gewesen. Er siegte mit der enthusiastischen Unterstützung einfacher Leute, deren Interessen erheblich besser von den Demokraten bedient werden, deren Psyche jedoch erheblich besser von den Republikanern verstanden – und ausgenutzt – wird. Demokraten haben ihre eigentliche Wählerschaft verloren, weil sie sich nicht mehr die Mühe machten, sie zu verstehen.“ Allen Frances schreibt leidenschaftlich, wortgewaltig und mit Witz gegen jede Form von Demokratiemüdigkeit an. Donald Trump ist für ihn das Symptom einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, deshalb geht er den Ursachen für seinen Erfolg konsequent auf den Grund.

Allen Frances: Amerika auf der Couch – Ein Psychiater analysiert das Trump-Zeitalter. Übersetzt von Kathrin Bielfeldt, Jürgen Bürger; Dumont 2018, 480 Seiten

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