Wann saßen Sie zuletzt mit jemanden zusammen und waren so in das Gespräch vertieft, dass Sie die Zeit vergaßen? Und auch das, was gerade im Internet passierte? Wenn es nach Timothy Garton Ash geht, haben Sie nichts verpasst: „Das Internet ist neben anderen Dingen die größte Kloake der Menschheitsgeschichte.“ Er untersucht, wie sich Menschen austauschen, und zeigt, wie das Internet die Kommunikation enthemmt. Er stellt Prinzipien auf, mit deren Hilfe wir wieder lernen können, uns auszutauschen: frei, direkt, offen und neugierig auf Widerspruch. Das hilft dann auch, besser mit allem fertig zu werden, was an unangenehmen und unerwarteten Angriffen aus dem Internet zu uns herüberschwappt. Die politische Ebene bezieht Ash in seine Betrachtung mit ein und eröffnet ihr Chancen, wieder Fäden zu knüpfen, wo sie zuletzt offenbar zerrissen sind.

Timothy Garton Ash: Redefreiheit – Prinzipien für eine vernetzte Welt. Übersetzt von Helmut Dierlamm und Thomas Pfeiffer; Carl Hanser 2016, 688 Seiten

Der Psychiater Jan Kalbitzer leitet das Zentrum für Internet und seelische Gesundheit der Charité Berlin. Er behandelt Menschen, die in der digitalen Welt nicht zurechtkommen. In seinem Buch analysiert er, wie sehr inzwischen das Internet, vor allem die sozialen Netzwerke unseren Alltag beeinflussen und wo Risiken für die Psyche liegen. Zudem untersucht er mit dem Internet verknüpfte gesellschaftliche Veränderungen: „Ein großes Problem dabei ist, dass die Gruppen, die sich von einem großen Teil der Gesellschaft nicht verstanden fühlen, Gefahr laufen, sich in einer digitalen Blase zu verkriechen, in der sie vor allem Informationen erhalten, die ihre Überzeugungen noch verstärken.“ Kalbitzers Band hilft zu verstehen, wie genau Hetze und Angstmache im Internet funktionieren und wie davon Betroffenen geholfen werden kann.

Jan Kalbitzer: Digitale Paranoia – Online bleiben, ohne den Verstand zu verlieren. C.H.Beck 2016, 208 Seiten