„Kapital“ von John Lanchester gilt zu Recht als packende Schilderung der Finanzkrise in Romanform. Nun veröffentlicht der britische Autor genau genommen seine Rechercheergebnisse, nach denen er seinen Bestseller schrieb. Und als hätte er die Situation in Zypern geahnt, notiert er im Vorwort: „Wenn aber die Geldautomaten kein Geld mehr ausspucken, hat das so weitreichende Folgen, dass es die heutigen Staaten mit demokratischer Verfassung an den Rand des Zusammenbruchs führen kann. Trotzdem verhalten sich die Regierungen so, als könnten sie kaum etwas dagegen unternehmen.“ John Lanchester fasst wunderbar und mit leichter Hand geschrieben zusammen, weshalb das Finanzdesaster jetzt nicht zufällig Europa ereilt. Er klärt darüber auf, wieso alle, die von Staatsschulden und Marktversagen reden, ziemlich blauäugig waren und welche Lösungen an die Stelle immer neuer Rettungspakete treten müssen.
John Lanchester: Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt – Die bizarre Geschichte der Finanzen. Übersetzt von Dorothee Merkel; Klett-Cotta 2013, 302 Seiten
Thomas Fricke gehört zu den profiliertesten Finanzjournalisten des Landes und zieht eine nüchterne Bilanz: „Die vergangenen drei Jahrzehnte liefern einen ganzen Belegstreifen dafür, wie unkontrollierte Finanzakteure in Wirklichkeit ganz menschlich und überfordert mit der tollen neuen Geldwelt zu immer absurderen Wellen aus Euphorie und Panik tendieren.“ Um solche Eskapaden und die nächste Finanzsause künftig zu verhindern, empfiehlt er ein ganzes Bündel von radikalen Maßnahmen. Denn ein paar strengere Gesetze reichen seiner Meinung nach nicht mehr aus, um die Logik der Krise zu durchbrechen. Also rät Thomas Fricke nach sehr fundierter Analyse unter anderem neben der Finanztransaktionssteuer zu einem neuen Weltwährungssystem und scharfen Grenzen beim Handel mit Staatsanleihen und Rohstoffen.
Thomas Fricke: Wie viel Bank braucht der Mensch? Raus aus der verrückten Finanzwelt. Westend 2013, 256 Seiten