„Ich tue, was getan werden muss, weil andere nichts tun wollen“, schreibt Carola Rackete in ihrem Manifest, mit dem sie für den Klimaschutz mobilisieren will. Bekannt wurde sie im Juni 2019 als Kapitänin der Sea Watch 3, als sie in einer mutigen Aktion mit aus dem Mittelmeer geretteten Geflüchteten im Hafen von Lampedusa anlegte, trotz Verbot des italienischen Innenministers. Bevor sie Naturschutzmanagement studierte, war Carola Rackete einige Jahre zur See gefahren und auf großen Forschungsschiffen in die Polargebiete gereist. Daher ging sie weiterhin an Bord, wenn die Seenotretter dringend Freiwillige suchten, doch ihre Zukunft sieht sie in der Arbeit für den Umweltschutz. „Wir müssen den Überkonsum von Ressourcen beenden und der globalen Ungerechtigkeit und dem Verfall der Menschenrechte etwas entgegensetzen. Wir können damit nicht länger warten, nicht darauf, dass die Staaten sich selbst verpflichten, nicht auf die nächste Klimakonferenz, bei der wieder nur geredet und nichts entschieden wird“, erklärt sie ihre Forderung.

Till M. Egen/SeaWatch

Wie es sich anfühlt, wenn sie die Ohnmacht überwindet und das Heft in die Hand nimmt, erlebte sie an Bord der Sea Watch 3. Nach langen Verhandlungen mit den Behörden gab sie die Hoffnung auf, dass Staat und Politik aktiv werden würden: „Die Telefonate mit den zuständigen Stellen, die Mails, vergebens. Der Moment, als ich einsah, dass sie uns keine Lösung liefern würden, war der, in dem ich meine eigene Lösung fand.“
Auf welche Weise will sie beim Klimaschutz rasch handeln? Wie viele andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verlangt sie, dass  jetzt konkrete und spürbare Maßnahmen ergriffen werden. Selbst wenn nicht alle Szenarien für die künftige Klimaentwicklung vollständig bekannt sind, darf die Politik nicht länger warten: „Risikovorsorge bedeutet, dass wir vorbeugend handeln müssen, selbst wenn wir nur unvollständiges oder unsicheres Wissen besitzen, welcher Art die Umweltschäden sein werden, wie groß ihr Ausmaß, wie wahrscheinlich ihr Eintreten sein wird und wie genau alles zusammenhängt, damit wir Schäden von vornherein vermeiden. Ressourcenvorsorge sagt, dass wir natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden und Luft schonend behandeln, um sicherzustellen, dass sie auch noch für kommende Generationen bereitstehen.“ Alle, die sofort die Initiative ergreifen und Druck auf die Herrschenden ausüben wollen, müssten ihrer Meinung nach damit jetzt beginnen. Carola Rakete verfasste einen kompetenten, weitsichtigen Aufruf. Alle Autorenhonorare aus dem Buch werden an die NGO borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V. gespendet, die sich für die Rechte Geflüchteter einsetzt.

Carola Rackete: Handeln statt hoffen – Aufruf an die letzte Generation. Unter Mitarbeit von Anne Weiss; Droemer 2019, 168 Seiten

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Seit vielen Jahren schreibt und diskutiert die Umweltaktivistin Naomi Klein, um Menschen weltweit für den drohenden Klimawandel zu sensibilisieren. Sie wertet Studien aus und beschäftigt sich in vielen Regionen mit den Folgen zunehmender Umweltverschmutzung. Nun erlebt sie, wie Schülerstreiks auf mehreren Kontinenten das Problem ganz oben die Tagesordnung setzen: „Diese Generation hat, wo immer man in der Welt hinschaut, eins gemeinsam: Sie ist die erste, für die der Zusammenbruch des Klimas in weltweiter Dimension keine ferne Bedrohung mehr ist, sondern erlebte Wirklichkeit. Und nicht nur an ein paar Brennpunkten, die besonderes Pech haben, sondern auf jedem einzelnen Kontinent, wobei nahezu alles bedeutend schneller aus den Fugen gerät, als es die meisten wissenschaftlichen Modelle vermuten ließen.“ Naomi Klein plädiert für einen Green New Deal, um wie vom UN-Klimarat gefordert, die Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Dazu gehört, die Emission von Kohlendioxid bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Sie arbeitete die Klimakrise bereits in früheren Büchern auf, nun stellt sie die aus ihrer Sicht entscheidenden Zusammenhänge noch einmal klar heraus und versammelt in diesem Buch ausführliche Berichte, Kommentare und Vorträge aus einem Jahrzehnt.

Nathan Denette/empics/picture alliance

Naomi Klein erinnert daran, wie riskant Konzerne auf Kosten der Umwelt ihre Profite steigern und erkennt darin ein Systemversagen des Kapitalismus. Am Beispiel der Deepwater-Horizon-Katastrophe des Ölkonzerns BP demonstriert sie, wie wenig sich Unternehmen für die Folgen riskanter Ressourcenausbeutung interessieren: Im April 2010 explodierte während einer Tiefenbohrung im Golf von Mexiko die Förderplattform, elf Menschen starben und insgesamt 640 Millionen Liter Rohöl sprudelten ins Meer. Die Folgen sind bis heute sichtbar. Naomi Klein schlägt den Bogen vom Klimawandel zur Massenmigration: „Klar ist, dass die Klimazerstörung all diese Krisen verschlimmert und sich die Lage umso mehr zuspitzt, je heißer es wird. Aber statt zu helfen, sind die reichsten Länder des Planeten offenbar entschlossen, die Krise an allen Fronten zu verschärfen.“ Daher fordert sie ein globales Umdenken. Widerstände müssen überwunden werden, als treibende Kraft sieht sie die wachsenden sozialen Bewegungen. Vor den Präsidentschaftswahlen in den USA 2020 rücken die Demokraten in den USA Klimawandel in das Zentrum der Debatte, Naomi Klein verspricht sich davon breite Impulse: „Mit der Bewältigung der Klimakrise können wir Hunderte Millionen guter Arbeitsplätze auf der ganzen Welt schaffen, in systematisch abgehängte Gemeinden und Länder investieren, die Versorgung von Kranken und Kindern absichern und vieles mehr. Durch diesen Wandel würden Volkswirtschaften entstehen, die die lebenserhaltenden Systeme der Erde schützen und erneuern und zugleich die Menschen respektieren und stützen, die von ihnen abhängig sind.“

Naomi Klein: Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann. Übersetzt von Gabriele Gockel, Sonja Schuhmacher und Barbara Steckhan; Hoffmann und Campe 2019, 352 Seiten

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