„Die Kanzlerin hält Reden weitgehend frei von Ideen, selbst frei von Einfällen, weil sie sie nicht braucht. Lieber redet sie in Feststellungen oder hält scheinbar den Sprechverkehr aufrecht, bewegt die Saalluft durch Einatmen-Ausatmen.“ Angela Merkel spricht am 27. Juni 2013 im Bundestag, und Roger Willemsen hört ihr auf der Tribüne zu. Ein Jahr lang verfolgte der Publizist tapfer jede Plenardebatte und führte schonungslos Tagebuch. Darin bedient er sicher ungewollt manches Klischee über die politische Klasse. Vor allem aber hinterfragt er die praktizierte Debattenkultur, tadelt Besserwisserei und Kommunikationsverweigerung, gleicht politischen Alltag mit politischer Realität ab: Wie kommt der Dialog zwischen Regierenden und Regierten zustande? Wer verhindert ihn und profitiert davon? Willemsen hält allen, die im Politikbetrieb arbeiten, einen Spiegel vor.
Roger Willemsen: Das Hohe Haus – Ein Jahr im Parlament. S. Fischer 2014, 400 Seiten
Der Enthüllungsjournalist Jürgen Roth spürt in seinem präzise recherchierten und umfangreichen Report jenen Netzwerken, Runden Tischen und Eliteklubs nach, in denen die wahrhaft Mächtigen sitzen und an den Strippen ziehen. Sie inszenieren einen „stillen Putsch“, um ihre Interessen durchzusetzen, und fahren dafür auch ganze Länder gegen die Wand. Regierungen werden abgesetzt und Handlanger installiert, Sozial-, Gesundheits- und Bildungssysteme demontiert sowie Löhne zusammengestrichen. Am Beispiel von Griechenland und Portugal beschreibt er, wie im Schatten der Krisenbewältigung neoliberale Wirtschafts- und Politikkonzepte in Reinkultur verwirklicht werden, um Reiche noch reicher zu machen. Was dort passiert, befürchtet Roth, droht auch Deutschland.
Jürgen Roth: Der stille Putsch – Wie eine geheime Elite aus Wirtschaft und Politik sich Europa und unser Land unter den Nagel reißt. Heyne 2014, 320 Seiten