Was genau bedeutet es, Land und Gesellschaft auf einen Krieg vorzubereiten? Werden neue Panzer gekauft und Brücken so gebaut, dass sie darüberfahren können? Wird Dienst an der Waffe beim Militär selbstverständlich? Allein das Wort „Kriegstüchtigkeit“ kann heftige Diskussionen auslösen, der Gedanke an den Krieg macht vielen Menschen Angst. „Der Krieg ist zurück, ob wir es wollen oder nicht, und er steht vor unserer Tür“, schreiben Admiral Rob Bauer und Eleonora Russell. Sie erinnern an den Überfall Russlands auf die Ukraine, vorausgegangene Diskussionen im NATO-Russland-Rat und wieder aufgebrochene Konflikte zwischen den Großmächten. Diese „gehen immer mehr auf Konfrontationskurs und nutzen dabei alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel. Dies führt zu einer stärker geteilten Welt.“
Erik Luntang/NATO
Admiral Rob Bauer war von 2021 bis 2025 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses, in dem die Generalstabschefs aller Bündnispartner sitzen. Er beriet die politische Führung der NATO dazu, „was das Bündnis aus militärischer Perspektive brauchte, um Aggressionen angemessen zu verhindern und unsere Länder zu verteidigen.“ Zuvor diente er von 2017 bis 2021 als Befehlshaber der niederländischen Streitkräfte. Eleonara Russell arbeitete bei der NATO als Beraterin für strategische Kommunikation und Redenschreiberin. Sie sind Insider und wissen genau, wohin das Bündnis steuert, kennen die Vorbehalte gegen diesen Kurs: „Ich weiß sehr wohl, dass manche Menschen mich, nachdem sie dieses Buch gelesen oder auch nur davon gehört haben, für einen Kriegstreiber halten werden.“ Im Kern geht es ihnen um Resilienz als Fähigkeit, sich gegen bewaffnete Angriffe zu wappnen. Weil sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die NATO auf Operationen zur Krisenbewältigung konzentrierte und gleichzeitig in Europa und Kanada die Verteidigungsausgaben sanken, verlor sie aus ihrer Sicht an Abschreckung.
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US-Präsident Donald Trump (auf dem Foto am 13. März 2025 im Weißen Haus mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte) verlangte schon in seiner ersten Amtszeit regelmäßig von den NATO-Staaten höhere Ausgaben für die Verteidigung. Nun plant die Europäische Union außerdem, mit zusätzlichen 800 Milliarden Euro ihre Mitgliedstaaten aufzurüsten. Was soll mit diesen enormen Summen geschehen? „Wir müssen in allen militärischen Domänen auf Angriffe vorbereitet sein: zu Lande, in der Luft, auf See, im Cyberspace und im Weltraum“, schreiben Rob Bauer und Eleonora Russell. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass jederzeit und in jedem geografischen Raum etwas Gravierendes passieren kann. Darüber hinaus müssen wir auf mehrere Angriffe in mehreren Domänen in mehreren geografischen Räumen gleichzeitig vorbereitet sein.“
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Für die Umsetzung notwendiger Maßnahmen müssten zunächst die NATO-Verteidigungsminister (auf dem Foto bei ihrem Treffen am 5. Juni 2025 in Brüssel) enger zusammenarbeiten. Waffensysteme sollten kompatibler sein, Lizenzen für die Nutzung von Ausrüstungen in den Mitgliedsstaaten schneller erteilt werden. Vor allem müssten Kapazitäten für die Rüstungsproduktion in den NATO-Staaten aufgebaut werden, denn „in der gesamten Allianz hinken die Produktionskapazitäten hinterher, die Lieferzeiten werden immer länger, und die Preise für Ausrüstung und Munition gehen wegen des knappen Angebots schlicht durch die Decke.“ Schließlich müssten Planungen für Bereiche des zivilen Lebens wie Energieversorgung, Lebensmittel, Gesundheit, Transport und Kommunikation stärker mit militärischen Anforderungen abgestimmt werden. Das erfordere eine aktive Beteiligung staatlicher Institutionen, von Unternehmen und Bevölkerung. Rob Bauer und Eleonora Russell analysieren mit ihrem Hintergrund als NATO-Experten Bedrohungslagen und entwerfen einen Plan, um ihnen militärisch zu begegnen. Dabei offenbaren sie interne Diskussionen des Militärbündnisses. Sie schrieben auf, was manche Politikerinnen und Politiker in Regierungen nicht öffentlich aussprechen.
Admiral Rob Bauer, Eleonora Russell: Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor – Eine Blaupause zur Abschreckung. Übersetzt von Stephan Pauli und Alexander Weber; HarperCollins 2025, 176 Seiten